Im 2014 lebten insgesamt über 760000 Schweizer im Ausland. Doch was motiviert so viele Schweizer, ihr Leben in einem anderen Land aufzubauen und welche Erfahrungen haben sie gemacht? In einer Serie mit Portraits von vier Auslandschweizern ging 20 Minuten diesen Fragen nach. Eine davon war Larissa Kato, seit 2016 Reisedesignerin bei Private Safaris.
Der Elefant schien ihr immer näher zu kommen. Fasziniert schaute Larissa Kato durch die Linse ihrer Kamera. Wie hypnotisiert schoss sie ein Foto nach dem anderen. «Es war so eindrücklich, die wilden Tiere aus nächster Nähe zu beobachten», erinnert sich Kato. Als sie zwölf Jahre alt war, unternahm sie mit ihren Eltern eine Safari – und es war um sie geschehen. Sofort stand für sie fest: «Später werde ich im Busch leben und arbeiten.» Ihr Berufswunsch zwang sie dazu, bereits nach der Matur den Entschluss zum Auswandern zu fassen. Sie habe einen Beruf mit Tieren ausüben wollen. «Aber für ein Veterinärmedizinstudium hatte ich das Zeug nicht.» Kato jobbte drei Jahre lang und absolvierte nebenbei ein Londoner Fernstudium in Wildlife Management. Danach hatte sie genug Erspartes, um ihren Wohnort Horgen zu verlassen und in Südafrika die Ausbildung zur Safari-Führerin zu beginnen. Und die Eltern hatten die Vorstellung, dass Südafrika «ja sowieso nur ein schöner Kindheitstraum ist», längst begraben. Der Abflug in Kloten bleibe ihr speziell in Erinnerung. «Sogar mein Mami hat geweint – und sie ist die toughste Frau, die ich kenne.»
Mit Gästen aus aller Welt im Busch
Mittlerweile hat sie ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen. Der praktische Teil zum Safari Guide fand im Busch statt. Kato studierte Tierverhalten, Natur und Gewässer, erhielt Waffenkunde und übte sich als Safari-Truck-Fahrerin. Jeden Samstag stand eine Prüfung an. «Die Ausbildung war happig.»
Fast jeden Tag fährt sie auf ihrem Land Rover Gäste aus aller Welt herum, um ihnen die Geheimnisse des Buschs zu zeigen. Dazu gehören Ausflüge durch den Krüger Nationalpark oder die Panorama Route. Ist sie nicht gerade unterwegs, wohnt die Auswanderin in einer Lodge in Hoedspruit. Die südafrikanische Stadt liegt in der Provinz Limpopo und befindet sich in der Nähe verschiedener privater Wildreservate. In ihrer Freizeit lese sie vor allem. «Ich habe in meinem Haus keinen Internetzugang und keinen Fernseher.»
Gegenverkehr im Busch
Abgelegenes Zuhause
Die nächste Einkaufsmöglichkeit befindet sich 30 Kilometer entfernt. «Das Angebot deckt nicht einmal das Allernotwendigste ab.» Der nächste Supermarkt liegt 80 Kilometer entfernt. Und kommt sie dort auf ihre Kosten? «Ich vermisse den Schweizer Käse.» Cheddar und Gouda könne sie nicht mehr ausstehen. Auch sehne sie sich nach einer guten Bratwurst mit Rösti.
Am Anfang war für Kato auch das Tempo ungewohnt. «Die Schweizer Pünktlichkeit gibt es hier nicht.» Auf den öffentlichen Ämtern laufe sie mit Schweizer Ansprüchen auf. «Die offiziellen Stellen wie Bank und Post funktionieren alle viel langsamer und komplizierter und sind nicht einmal halb so effizient.» Zudem seien die Ämter unzuverlässig. «Das Land steckt leider immer noch tief in der Korruption.»
«Die Menschen nehmen das Leben viel lockerer»
Seit bald einem Jahr lebt die Schweizerin in Südafrika. Die Vorteile überwiegen für sie klar. «Die Menschen hier nehmen das Leben lockerer und geniessen es unglaublich.» Die weniger produktive Mentalität sorge für eine wahnsinnig gesunde Atmosphäre. «Man hat keinen enormen Leistungsdruck wie in der Schweiz.» Hier schätzten die Menschen jeden Job sehr. «Jeder ist dankbar für eine Arbeitsstelle.» Aus einem Grund allerdings wäre die Auswanderin zurzeit gern in der Heimat. Kato schwitzt seit vier Wochen bei 44 Grad im Schatten. «Ich vermisse den Schnee.»
Text: B. Zanni, Interview von 2015, veröffentlicht 14. Februar 2016 im 20 Minuten