Wenn eine fleissige und gewissenhafte Geschäftsführerin nach einigen Tagen im Busch ihr Handy nur noch zum Fotografieren und Filmen nutzt (trotz Wifi), ist eines der wichtigsten Ziele einer Afrika-Reise erreicht: Vom alltäglichen Stress zu Hause abschalten und mit allen Sinnen sein und geniessen.
Zambia (Alexandra Mucheik)
Mit viel Enthusiasmus und voller Vorfreude stürzen wir uns ins Abenteuer. Im Prison Break Market in Johannesburg lassen wir uns umgehend von der ausgelassenen Stimmung anstecken. Wir kosten Boerewors mit Pap, degustieren lokales Bier und versuchen, den Trick des Zauberkünstlers zu erkennen. Danach trainieren wir uns die Kalorien ab, indem wir mit dem Fahrrad durch Soweto radeln und dabei interessante Fakten zur Geschichte zu hören bekommen.
Am nächsten Tag werden wir in Livingstone (Zambia) vom herzlichen Mitarbeiter der Tongabezi Lodge mit einem strahlenden Lächeln und dem lustigen Schild «Farm Trip» erwartet. Na gut, schliesslich besuchen wir am nächsten Tag eine Farm ähnliche Institution. Doch eins nach dem anderen. Wir logieren am mystischen Zambezi, nur wenige Kilometer flussaufwärts der weltbekannten Victoria Falls. In James-Bond-Manier fliegen wir im Helikopter nicht nur über die imposanten Wasserfälle, sondern kurven – nur wenige Meter über den tosenden Fluten des hochwasserführenden Flusses – auch durch die enge Schlucht. Noch mehr Adrenalin gefällig? Flying-Fox, Bungee Jump, River Rafting…
Am nächsten Tag begeben wir uns auf Tauchfühlung mit der lokalen Bevölkerung. Wir fahren von der Hauptstadt Lusaka aus bis in den Kafue Nationalpark. Nachdem wir das pulsierende Leben lange genug durch die Fensterscheiben beobachtet haben, juckt es uns immer mehr in den Fingern. Wir wollen raus aus dem Auto und rein ins Geschehen. Gesagt – getan. Die Zambier sind sehr offene und neugierige Menschen. So kam es, dass wir uns statt der geplanten zehn Minuten fast eine Stunde durch den Ort «quatschten». Belohnt wurde die lange Fahrt mit der Begegnung eines Leoparden, der kurz nach dem Parkeingang hinter unserem Auto die Strasse überquerte.
Im Kafue kommen wir den Tieren näher als üblich, da wir in Elektro-Fahrzeugen und -Booten unterwegs sind. Diese Feststellung ist zwar nicht weiter überraschend, doch es ist faszinierend, die Reaktion der Tiere zu beobachten.
Tanja ist mit ihren 23 Jahren die jüngste Pilotin Zambias und sie manövriert die kleine Cessna geschickt und sicher zurück nach Lusaka. In Mfuwe angekommen, werden wir von unserem Guide Ernest abgeholt. Im offenen Jeep preschen wir kurz nach Sonnenuntergang durch den Ort und weiter zur Lodge. Diese Fahrt birgt ein weiteres Abenteuer, das viel Protein und ein intensives Gesichtspeeling mit sich bringt. Nur das Festzurren der Kapuze, das Aufsetzen der Sonnenbrille und das Schliessen des Mundes hat uns schliesslich vor den tausenden Insekten geschützt…
Unser Durchhalten wurde abermals belohnt – unweit der Lodge faulenzte ein prächtiges Löwenmännchen am Strassenrand.
Die nächsten Tage stehen ganz im Zeichen der einzigartigen afrikanischen Tierwelt. Wir erkunden die Region zu Fuss, im offenen 4x4 und im Boot. Natürlich immer in Begleitung bestens ausgebildeter Guides, die uns alles über die Fauna und Flora beibringen.
Eine Walking Safari ist ein richtiges Abenteuer und der South Luangwa Nationalpark eignet sich hervorragend dafür. Wir sind mit der Busch-Legende Jacob Shawa unterwegs, der uns nicht nur in seinem wunderbaren Camp bestens bewirtet, sondern uns auch im Busch unter die Fittiche nimmt. Auf einer Wandersafari sind alle Sinne aktiviert – wir sind konzentriert und beobachten, lauschen und riechen. Die Spannung steigt, wenn der bewaffnete Scout seine Hand hebt, um uns zu signalisieren anzuhalten. Wer sich da wohl hinter dem nächsten Busch versteckt?
Wir tauchen auch hier in die Welt der Locals ein und beobachten beispielsweise, wie auf dem Dorf-Markt ein Huhn gerupft wird. In einer der unzähligen Bars schauen wir den Kerlen beim Billardspielen zu und im Coiffeur-Salon bestaunen wir die Kunst des Haarflechtens. Spannend, spannend…
Übrigens, schon mal vom «khaki fever» gehört? Tja, da wissen wir nun auch Bescheid.
Unsere letzte Destination ist der tierreiche Lower Zambezi Nationalpark, dem wir mit gemischten Gefühlen entgegensehen. Wir sind nicht nur traurig, dass die Reise sich dem Ende neigt, sondern hier werden wir mit unserer grössten Angst konfrontiert und erleben zum krönenden Schluss das Abenteuer, auf welches wir uns am meisten gefreut haben. Doch bevor wir im Sleep-Out unter dem funkelnden Sternenhimmel nächtigen dürfen, müssen wir erst die Kanu-Fahrt hinter uns bringen.
Mit mulmigem Gefühl und butterweichen Knien hören wir ehrfürchtig dem Guide zu, der uns über die Regeln und Gefahren einer Kanufahrt aufklärt. Mutig und mit klopfenden Herzen besteigen wir das wackelige Kanu und schon geht es los. Leise und gemächlich gleiten wir auf dem seichten Wasser dahin. Wir versuchen uns zu entspannen. Was auch ganz gut gelingt, bis wir in der Distanz die ersten grunzenden und schnaubenden Hippos erblicken. Oje, war das wirklich eine gute Idee? Jetzt bloss nicht die Angst die Oberhand gewinnen lassen, sondern der Sache positiv entgegensehen. Wir halten immer wieder an und warten, bis die riesigen Kolosse abtauchen. So, erklärt der Guide, signalisieren sie ihr Einverständnis und lassen uns passieren. Nach 1.5 Stunden tut uns jeder Muskel weh, so verkrampft sind wir. Welch Erlösung, als endlich das Motorboot in Sicht kommt und wir umsteigen – und ausatmen – dürfen. Doch, ganz ehrlich, ich würde es wieder tun. Am gleichen Ort und mit den gleichen Guides. Und mit dem Wissen, dass die Guides den Fluss und die Tiere wirklich gut lesen können.
Am späteren Nachmittag brechen wir mit unserem Guide und dem bewaffneten Scout zu unserem letzten Abenteuer auf. Nach einer abwechslungsreichen Fahrt mit mehreren natürlichen Road-Blocks (Elefanten) erreichen wir kurz vor Sonnenuntergang das Sleep-Out. Wir sind begeistert. Die Betten befinden sich ca. 1.5 Meter über dem Boden und sind zwischen drei Pfosten aufgespannt. Sie verfügen über bequeme Matratzen, Duvets und Kopfkissen und nur das schützende Moskitonetz trennt uns vom funkelnden Sternenhimmel. Was war wohl der Hauptgrund dieser fast schlaflosen Nacht? Die Aufregung, der Nervenkitzel, das angestrengte Horchen nach nahen Tierlauten oder war doch der hellleuchtende Vollmond schuld daran?
Zambia hat unser Herz mit ihren liebenswürdigen Menschen, den abwechslungsreichen Landschaften und der faszinierenden Tierwelt im Sturm erobert.